Donnerstag, März 27, 2008

Parashat Schemini - פרשת שמיני

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Diese Thoraparasha beginnt mit dem Wort "Vayehi - ויהי" (und es geschah…).Und "Vayehi" deutet uns jedesmal wieder neu an, dass im weiteren Verlauf der Parasha nichts Gutes folgen wird. In der Gemara im Talmud Traktat Megillah 10b heißt es, dass schon die Sanhedrin festlegten, dass das Wort VAYEHI immer eine Tragödie einleitet. Die Gemara nennt dazu einige Beispiele, von denen das berühmtes sicher der Beginn der Megillat Esther (das Buch Esther) ist:

"Und es geschah in der Zeit des Achaschwerosch…".
Auf diese Einleitung folgte die uns so bekannte Tragödie, in welcher Haman die Vernichtung des Jüdischen Volkes beschloß.

Auch wenn die Einleitung zur Parasha negativ ist, begann doch der Tag mit einem freudigen Ereignis. Es war Rosh Chodesh Nissan (der Beginn des jüdischen Monats Nissan) und das Tabernakel (Mischkan) wurde offiziell errichtet (Rashi, Ibn Ezra, Abarbanel). Nachdem die Tempelpriester (Cohanim) in der letzten Parashat Zav ihre Anweisungen erhielten, schritten sie nun zur Tat und begannen ihren Dienst. Aber noch am selben Tag nahm das Schicksal seinen Lauf. Die zwei ältesten Söhne Aharons, Nadav und Avihu, brachten ein "fremdes Feuer", welches nicht vom Altar kam (Rabbi Akiva), und entzündeten darin die Ketoret (verschiedene Pflanzenzutaten für die Opferung). Sofort kam ein Feuer vom Himmel, trat in die Nasenlöcher von Nadav und Avihu ein und verbrannte ihre Seelen (Neshamot). Leblos fielen die zwei Körper zu Boden. Die Leichen und deren Kleidung waren vollkommen in Takt, doch die Seelen hatten die Körper verlassen (Talmud Sanhedrin 52a).

Der Yad Ramah kommentiert hierzu, dass Nadav und Avihu mit ihren Seelen sündigten und so wurden ihre Seelen verbrannt. Rabbeinu Bachya sagt etwas Ähnliches: Sie sündigten mit Feuer und wurden so mit Feuer bestraft. Wie wir wissen und der Degel Machane Ephraim abermals erwähnt, sind alle Strafen G - ttes "Midah KeNeged Midah". Heißt, wenn wir sündigen, wird uns die Art der Sünde zum Verhängnis. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Generation von Noach. Seine Generation sündigte mit Flüssigkeit (Samen bei sexuellen Vergehen) und wurde aufgrunddessen mit Flüssigkeit (Wasser bei der Flut) bestraft.

Zum Tode von Nadav und Avihu gibt es unzählige Kommentare. Warum mußten die beiden Söhne Aharons sterben ? Auch wird gesagt, dass Aharon selbst dieses als seine eigene Strafe ansah, denn schließlich hatte er beim Bau des Goldenen Kalbes mitgeholfen (siehe Parashat Ki Tisa). Einige Meinungen lauten, dass die Söhne Aharons nicht heiraten wollten und deshalb bestraft wurden. Sie sollen sich als etwas Besseres gefühlt haben und keine Frau erschien ihnen gut genug. Der Talmud Sanhedrin 52a nennt ein anderes Beispiel. Einmal geschah es, dass Nadav und Avihu hinter Moshe und Aharon hinterher gingen und sich fragten, wann denn nun endlich die beiden älteren Herren sterben würden, damit sie selbst die Führung der Israeliten übernehmen können. Rabbi Samson Raphael Hirsch glaubt, dass Arroganz ihren Tod verursachte. Doch die verbreiteste Meinung ist die des Rabbi Yishmael: "Nadav und Avihu waren betrunken als sie ihr Opfer darbrachten".
Rabbi Yishmael ersieht diesen Grund aus dem darauffolgenden von G - tt an Aharon gegebenen Gesetz, wonach Tempelpriester (Cohanim) niemals ihren Dienst betrunken ausführen dürfen.

Die zwei Talmud Traktate Keritot 13b und Shevuot 23a lehren, dass ein Cohen, der Wein getrunken hat, den Tempel nicht betreten darf. Warum nennt die Thora ausführlich den Wein und nicht ein anderes oder weiteres alkoholisches Getränk ? Laut Rabbeinu Gershom und Schitah Mekubetzet § 8 zeigt uns das Verbot des Weines an, dass für dieses Vergehen mit dem Tod vom Himmel geahndet wird. Die Gemara in Keritot 13b fährt fort, dass wenn der Cohen vor seinem Dienst im Tempel ein anderes alkoholisches Getränk zu sich nahm, er zwar für sein Vergehen verantwortlich ist, doch nicht mit dem Tode bestraft wird.

Erneut nahm ich gestern Abend an einem Shiur von Avivah Gottlieb – Zornberg zur dieswöchigen Thoralesung (Parashat HaShavua) teil und Avivah nannte zusätzliche interessante Aspekte. Hierbei stützte sie sich u.a. auf den Kommentar des Raschbam, einem Enkel Raschis:
"Das Feuer, welches im Mischkan (Tabernakel) von G – tt hervorkam ("und es kam ein Feuer von G – tt und konsumierte das verbrannte Opfer sowie dessen Fett), war eine Manifestation der Schechinah (Anwesenheit G – ttes). Die anwesenden Israeliten wurden Zeuge dessen und gerieten in Ekstase".

Warum nun brachten Nadav und Avihu ein fremdes Feuer in das Mischkan ? Und was ist ein fremdes Feuer ?
Der tragische Tod der Beiden findet in der Thora nur kurze Erwähnung, obwohl in einer zukünftigen Parasha (Acharei Mot) noch einmal von ihnen die Rede sein wird. Einige Kommentatoren sind der Meinung, dass Nadav und Avihu von den Geschehnissen einfach total überwältigt waren. Sie brachten keine Geduld auf, um auf das Feuer G – ttes zu warten und dachten, sie selber seien in der Lage, etwas hervorzurufen. Manchmal denken wir nur allzu oft, dass wir alles im Griff haben; selbst G – tt.
Die Söhne Aharons wollten nicht warten, bis G – tt Seine Anwesenheit offensichtlich machte, sondern vielmehr wollten sie Ihn "zwingen" eine Reaktion zu zeigen. Anhand von Opferungen (Korbanot) kann man gewisse Reaktionen G – ttes hervorrufen (Vergebung für Vergehen, etc.). Beide handelten also aus Ungeduld; schnell schnell wollten sie G – tt zwingen, zu reagieren. Nicht aus böser Absicht heraus, sondern weil sie einfach auf einem zu hohen spirituellen Level waren. Die Geschehnisse und Wunder hatten sie überwältigt und anstatt einigermassen bodenständig zu bleiben, flogen sie im wahrsten Sinne des Wortes "spirituell" auf und davon.
Insbesondere die chassidische Literatur sieht in Nadav und Avihu keinesfalls die Bösewichter, sondern vielmehr fromme Menschen, die durch ihren übergroßen, wenn auch positiv gemeinten, Eifer ein tragisches Ende fanden.

Gleich nach diesem neuen Gesetz gibt es weitere neue Mitzwot (Gesetze), nämlich die Kaschrut (Koschergesetze). Welche Tiere sind für unseren Genuß koscher und welche nicht. Und wieso überhaupt koscher ? Was genau bringt uns das ?
Viele sind der Ansicht, dass uns diese Gesetze aus gesundheitlichen Gründen gegeben wurden. Dennoch, der eigentliche Grund ist nicht materiell, sondern spirituell. Da ein Jude die Kapazität für ein spirituelles Leben besitzt, gibt uns G - tt spirituelle Nahrung, damit wir spirituell wachsen können. Durch die Einhaltung der Kaschrut - Gesetze steigen wir spirituell auf und erreichen so mehr Keduscha (Heiligkeit). Unsere Neshama (Seele) befindet sich so auf einem viel höheren Level. Sobald wir unkoscheres Essen zu uns nehmen, verletzen wir unsere Seele (das kabbalistische Buch ZOHAR). Es geht im Leben nicht allein darum, seine eigenen materiellen Gelüste zu befriedigen; heute habe ich Lust auf Schweinefleisch oder einen Cheeseburger etc. Was bringt uns die kurzweilige Befriedigung ein ? Wenn wir so denken, handeln wir nicht mit unserer Neshama, sondern einem niedrigen Seelenlevel, der Nefesh. Die Nefesh ist sozusagen der tierische Instinkt in uns. Mit dem Einhalten der Kaschrutgesetze sollen wir Disziplin lernen und uns so auf der spirituellen Leiter nach oben bewegen (unter anderem Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Das Thema "Kaschrut" scheint geradezu unerschöpflich zu sein. Allein der Talmud Traktat Chullin nimmt sämtliche Verbote detaillert auseinander. Was ist erlaubt und was unkoscher ? Inwieweit müssen die inneren Organe einer Kuh inspiziert werden ? Dürfen die Organe oder die Luftröhre Löcher haben ? Was geschieht, wenn einer Kuh die Leber oder ein anderes Organ fehlt ? Die Erläuterungen im Talmud sowie im Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) sind dermassen zahlreich und kompliziert, dass man ganze Bücherwelten darüber verfassen könnte.
Nur ein kleines Beispiel:
Die Mischna (mündliche Gesetzesgebung an Moshe durch G - tt am Berg Sinai) im Traktat Chullin 59a führt auf, dass die Thora zwar die Erkennungsmerkmale für koschere Tiere auflistet, aber die Merkmale für koscheres Geflügel ausläßt. Einzig und allein beschränkt sich die Thora darauf, 24 verschiedene verbotene und erlaubte Geflügelarten aufzulisten, ohne jedoch die genauen Erkennungsmerkmale zu definieren. Gelehrte Rabbiner analysierten die Unterschiede zwischen Turteltauben und deren unkoscheren Spezien, und auf diese Weise wurde eine Bestimmung der Erkennungsmerkmale möglich gemacht.

Der dieswöchige Schabbat ist gleichzeitig auch Schabbat Parah. Die Rote Kuh (Parah Adumah) wurde zu Tempelzeiten auf dem Ölberg, gegenüber dem Tempel, verbrannt und ihre Asche diente der Reinigung von Personen, welche sich, z.B., durch das Anfassen einer Leiche, verunreinigt hatten.

Der Schabbat Parah folgt immer dem Purim - Fest und an ihm wird zusätzlich zur regulären Thoralesung (in diesem Falle "Schemini" ebenso die Parashat Parah gelesen (Numeri / Sefer BaMidbar 19:1 - 22). Die Haftarah wird aus dem Propheten Yechezkel 36:16 - 38 gelesen.

Das Gesetz der Roten Kuh ist ein einziges Paradox und selbst der weise König Salomon (Schlomo HaMelech) gab es auf, den Sinn zu verstehen. G - tt trägt Moshe auf, eine Rote Kuh ohne jegliche Schönheitsfehler zu finden und sie in einem bestimmten Ritus durch Tempelpriester (Cohanim) verbrennen zu lassen. Danach wird die Asche der Kuh mit Wasser vermischt und unreine Menschen sowie Tempelgegenstände (Geschirr) werden, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen sind, wieder rein. Körperlich genauso wie in ihrer Seele (Neshama). Allerdings wird derjenige, der den Verbrennungsprozess ausführt, gleichzeitig unrein. Genau darin besteht das Paradox. Wie kann etwas, was eigentlich rein macht, andere wiederum unrein machen ?

Wie genau die Prozedur zur Verbrennung der Roten Kuh abzulaufen hat, beschreibt der Talmud Traktat Parah. Insgesamt wurden von der Zeit Moshes bis hin zur Zerstörung des Zweiten Tempels (70 nach Beginn der Zeitrechnung durch die Römer) neun Rote Kühe geopfert. Es heißt, dass die zehnte Kuh vom Meschiach geopfert werden wird.

Schabbat Shalom

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