Montag, Mai 12, 2008

Kiruv

B"H

Kiruv ?

Ist soetwas in Deutschland allgemein bekannt und wenn ja, ist es sinnvoll ?

Kiruv ist das ewige leidliche Thema in sämtlichen jüdisch - relig. Sites. Aber bevor ich näher auf das Thema eingehe, wäre es sinnvoller zuerst einmal das Wort "Kiruv" zu definieren.

"Kiruv" kommt aus dem Hebräischen und bedeutet ganz einfach "Annäherung an etwas". Das dazu passende Verb lautet "lehitkarev - sich nähern, näherkommen, annähern".

Im relig. - orthodoxen Judentum verwendet man den Begriff ausschließlich für Programme oder Leute (z.B. bestimmte Rabbiner), welche einen Juden seinem eigenen Judentum näherbringen wollen. Oder in anderen Worten ausgedrückt: Programme, die aus säkuleren Juden relig. Juden machen wollen. Das ist die grundsätzliche Absicht des Kiruv.

Mittlerweile haben sich ganze Berufszweige für Leute entwickelt, die professionell im Kiruv tätig sind. Im relig. Slang heißen sie "Kiruvniks".
Ich nehme einmal die USA und Israel als Beispiele.
Die litvisch - haredische Yeshiva AISH HATORAH ist bestes Beispiel für ein ausgedehntes Kiruv - Programm. In den USA verfügt sie über unzählige Niederlassungen und in Jerusalem hat sie ihr Hauptgebäude an der Kotel (Klagemauer). Säkulere Juden werden zu Vorträgen oder Programmen eingeladen. Natürlich ist es erklärtes Ziel, die Säkuleren zu Haredim umzufunktionieren. Und in vielen Fällen klappt das sogar.

Wer nicht unbedingt auf die Haredi - Schiene bzw. nur "easy going" will, der nehme am wöchentlich stattfindenden "Discovery - Program" teil. Zweck ist es, Juden jeder Herkunft die eigene jüdische Identität klarzumachen, um hinterher Intermarriages (Ehen zwischen Juden und Christen) zu verhindern. Kennt ein Jude seinen Ursprung, denkt er dreimal nach bevor er sich mit einer Schickse (nichtjüdischem Mädel) einläßt. Bei den Männern ist das gleiche angesagt. Aber nicht nur AISH betreibt offen den Kiruv. Auch Chabad ist fleissig dabei.

Der Kiruv wird vielfach kritisiert, weil gerade die Kiruvniks oftmals zu aufdringlich auftreten und die Neuankömmlinge in irgendetwas hineinreden. Religiös wird man nicht von heute auf morgen und erst recht nicht haredisch (ultra - orthod.). Diese "Metamorphose" benötigt viele Monate und manchmal einige Jahre. Wer alles ruckzuck über den Zaum bricht und meint, er ist nächste Woche der Super - Haredi, lebt in einer Illusion. Solche Drängler bleiben meistens nicht lange dabei.

Braucht man überhaupt jene Kiruvniks, meistens Rabbiner, die sich auf die Anwerbung und den Unterricht von Neuankömmlingen spezialisieren ?

Viele sagen NEIN. Gerade jene Kiruvniks sind selber ehemalige "Neuankömmlinge" und haben teilweise keine Ahnung, wie man mit jemandem umgeht, der sich in solch einem wichtigen Umschwung seines Leben befindet; langsam relig. wird und somit ein neues vollkommenes anderes Leben führt. Nicht selten führt die Lebensumstellung zu Krisen beim Neuankömmling und die wenigsten Kiruvniks sind in der Lage, ihren Schützling behutsam aus einer mentalen Krise herauszureden. Stattdessen wird mit der Holzhammermethode agiert: "Friss oder stirb".

Zuviel Konsequenz ist zu Beginn nie gut und führt nur zu weiteren inneren Krisen. Und eben jener unfähigen Art von Kiruvnik ist es zu "verdanken", dass viele Interessierte vor der Religion flüchten.

Selbst wenn keine Kiruvniks ausgesandt werden, Anfängerprogramme sind immer notwendig. Doch auch hier sollten die Leute langsam an die Religion herangeführt werden. Leider geschieht es allzu oft, dass fanatische Kiruvniks weitere neue Fanatiker "heranzüchten". Auf diese Weise entsteht nicht wiedergut zu machender Schaden. Auch für jene, die vor einem nervenden Kiruvnik flüchten und meinen, die jüdische Religion bzw. die haredische Szene bestehe nur aus solchen Chaoten.
Viele Stories sind bekannt geworden; erfolgreiche Kiruv - Arbeit und das Gegenteil.

Was leider immer wieder zu bemängeln ist, ist die Kleidungsumstellung. Auch hier wird dem Neuankömmling kaum Zeit zum Atmen gelassen. Rein in den schwarzen Anzug, schwarzer Hut auf und los gehts. Bei den Frauen ist es der lange Rock.

In Jerusalem passen sich einige Studenten der o.g. Yeshiva sowie der Yeshiva Ohr Sameach halt an. Erst einmal wieder daheim in den USA, England oder Südafrika angekommen, wird der schwarze Hut nicht selten wieder beiseite gelegt. Entweder ist keine Lust mehr da oder die Realität stellt sich ein. Was, wenn die Eltern reform sind ? Dann gibts meistens kein koscheres Essen im Haus und der Schabbat geht den Bach hinunter.

Neurelig. jener Kiruv - Yeshivot reagieren auf unterschiedliche Arten auf den Alltag daheim. Einige wenden sich wieder von der Orthodoxie ab, andere machen ihren Eltern die Hölle heiß und andere wiederum versuchen ihren besten relig. Beitrag zu geben, mit dem Ziel, in eine andere heimische Yeshiva zu wechseln.

Meine Antwort lautet:

Kiruv JA, aber in Maßen und mit viel Einfühlungsvermögen.

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