Donnerstag, Mai 01, 2008

Alles nur Anmaßung ?

B"H

Immer wieder macht eine Frage groß die Runde ?
"Verfügen Rabbiner grundsätzlich über die Allmacht, alles entscheiden und bestimmen zu dürfen" ?
"Inwieweit müssen wir ihnen folgen und sollen wir uns überhaupt allen Entscheidungen beugen" ?

Auf vielen engl. jüd. relig. Blogs wird diese Frage immer wieder neu diskutiert und dazu gibt es dann auch die passenden Beispiele. Allerdings beziehen sich die Beispiele fast immer auf bekannte grosse Rabbiner, die, laut der Meinung der Blogger, zu unrecht hochgehalten werden.

Es steht außer Frage, dass wir Juden der Thora, der Halacha (dem Religionsgesetz) und den Rabbinern folgen müssen. Wobei ich hier das Wort "Rabbiner" begrenzen will. Nicht jedem mit einem Rabbinerzertifikat im Händchen sollte man unweigerlich folgen. Meine Erfahrungen aus meinem Leben in Deutschland (Fürth) sprechen da Bände.
Seltsam wird es allein schon dann, wenn ein einzelner Rabbiner für sich in Anspruch nimmt, seine von IHM getesteten Nahrungsmittel seien koscher und bei den lieben verehrten Rabbinerkollegen handele es sich eh nur um Versager.

Aber es geht hier nicht um einen eingebildeten irrelevanten Rabbiner aus Deutschland, sondern um Größen wie verschiedene chassidische Rebben sowie den Chafetz Chaim. Letztere wird im Internet wegen einiger Entscheidungen vehement angegriffen.

Auch bei einem gestrigen Schiur (relig. Unterricht) kam genau dieses Thema zur Sprache. Wie weit kann ein Rabbi die Thora in seinen eigenen Interpretationen auslegen ?

Um eines klarzustellen: Ich meine hiermit nicht Raschi, den Ramban (Nachmanides) oder andere Kommentatoren. Vielmehr bezieht sich das Thema auf Rabbiner, welche Fragen von Privatpersonen beantworten müssen. Praxis pur.

Aber was rede ich… Gebe ich doch lieber einmal ein Beispiel.

Gestern Abend erzählte jemand beim Schiur die folgende Story:
Eine haredische (ultra - orthod.) Familie kam zu ihrem Rabbiner und wollte Rat. Ihr kleiner Sohn höre schlecht und benötige ein Hörgerät. Jedenfalls wurde es ihnen von den zuständigen Ärzten nahegelegt.

Der Rabbiner jedoch wimmelte ab. Was wüßten denn die Ärzte ?
Und außerdem sollen die Eltern lieber einmal bedenken, wie denn ihr Sohn mit dem Hörgerät von anderen Kindern gehänselt werden würde.

Im Klartext, der Rabbi riet vom Hörgerät ab.

Und genau hier beginnt die Anmaßung eines Rabbiners.
Der Rabbi beim Schiur war geschockt über das Verhalten jenes Rabbis. Bei Krankheit höre man auf denjenigen, der sich als Spezialist erweist, nämlich den Arzt und nicht auf einen Rabbiner. Auch dann nicht, wenn der Rabbiner vorgeben sollte, alles sei ja schließlich im Sinne der Thora.
Und so kehren wir wieder zur Frage zurück, inwieweit ein Rabbiner die Thora auslegen kann ? Sollte er nicht zumindest andere unabhängige Rabbiner zu Rate ziehen, anstatt selbst herumzufuhrwerken ?
Und wer übernimmt die Verantwortung bei Fehlentscheidungen ? Ist dies dann ein Kunstfehler wie im Krankenhaus ?

Ein Rabbiner, der durch seine Entscheidungen Schaden verursacht, kann sich nicht auf die Thora berufen, sondern begeht ganz einfach einen "Chillul HaShem - Eine Verunglimpfung G - ttes".
Vor allem in der sephardische - israelischen Bevölkerungsschicht grenzen viele Rabbinerentscheidungen geradezu an Aberglauben. Die sephardischen Juden (Marokkaner, Kurden, Iraker, Iraner, etc.) kommen nicht selten mit obskuren Fragen zu ihrem Rabbi. Besonders beliebt ist das "Ayin HaRah - Konzept". "Ayin HaRah - das böse Auge" kann in zweilerlei Hinsicht aufgefasst werden. Entweder der Neid eines Mitmenschen, indem er auf den geneideten Gegenstand ein böses Auge wirft. Aber jemand kann auch ein "Ayin HaRah" verursachen, indem er sich in eine für ihn normale Situation begibt, ein Unbeteiligter sie dennoch missverstehen kann.

Beispiel:
Ich reise als Israeli nach Deutschland und esse am achten Tag von Pessach Brot.
Es steht mir nicht auf der Stirn geschrieben, dass ich Israeli bin und schon nach sieben Tagen Pessach wieder Brot essen darf. Somit könnte ich also theoretisch Leute in die Irre führen.

Dass, was ich jedem, der einen Rabbiner um persönlichen Rat fragt, anraten kann ist, dass es sich tatsächlich nur um einen Ratschlag handeln sollte. Niemals sollte man hinterher wie wild herumbefolgen und jeglichen Realitätssinn verlieren. Wenn möglich auch mehrere Rabbiner befragen und die Spezialisten (Ärzte) nicht vergessen.

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