Montag, Mai 26, 2008

Der Traum der Freiheit

B"H

Für meinen deutsch - chassidischen Blog bereite ich derzeit einen langen Artikel über die Chassidut Satmar vor. Bei den Satmarer handelt es sich um die größte chassidische Gruppe der Welt und oft werden gerade sie total verkannt. Aber dazu mehr in meinem diesbezüglichen Artikel.

Was mir beim Schreiben solcher spezifischen Artikel genauso wie im Umgang mit den Chassidim auffällt ist, wie schnell die engere Verwandtschaft des Rebben doch bereit ist, einen Schidduch (zukünftigen Ehepartner) aus einer anderen chassidischen Gruppe zu akzeptieren. So wird die Verwandtschaft des Toldot Aharon Rebben, Rabbi David Kahn, fast ausschließlich mit anderweitigen chassidischen Partnern vermählt. Wie neulich im Februar bei der Hochzeit des Enkel des Rebben mit einer Enkelin des leider schon verstorbenen Rabbi Moshe Halberstam (von der antizionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit"). Oder die Tochter des Rebben heiratete vor einem Jahr den Sohn des Rebben der Chassidut Spinka.

Bei der Chassidut Gur, die größte chassidische Gruppe in Israel, ist das alles anders. Ein Enkel des Rebben heiratet in der Woche nach dem anstehenden Schavuot (Wochenfest) und die Braut wird aus der eigenen Gruppe sein. Der Gerer Rebbe bevorzuge Hochzeiten innerhalb der eigenen Gruppe, so berichtete mir gestern ein Gerer Chassid. Insgeheim herrschen andere Gerüchte, denn die Chassidim von Gur sind nicht gerade beliebte Heiratsobjekte. Ich will mich hier nicht über den Grund auslassen, aber nicht wenige chassidische Frauen aus anderen Gruppen wollen keinen Gerer Chassid.

Wenn eine Frau im Judentum heiratet, dann hält sie sich nach der Hochzeit an die Bräuche des Gatten. Ist der Ehegatte sephardischer Jude, dann hält sie sich automatisch an seine Bräuche. Wenn sie also als aschkenzische Jüdin einen Kurden oder Perser heiratet, dann darf sie an Pessach Reis essen. Da hat sie es wesentlich besser als wir anderen Aschkenazim, denn wir dürfen uns nur an den Kartoffeln laben. Selbstverständlich ist es im umgekehrten Falle genauso. Heiratet ein Aschkenazi eine sephardische Frau, muß sie sich ebenso an seine Traditionen halten und darf, z.B. an Pessach keinen Reis essen. Aber es geht nicht nur ums Essen sondern um alle weiteren alltäglichen Kleinigkeiten auch.

Einen sephardischen Juden zu heiraten käme für mich niemals in Frage, denn dafür bin ich zu sehr in der aschkenazischen Mentalität verankert. Und ein Sepharde in der aschkenazischen chassidischen Gesellschaft funktioniert eh nicht. Ja, es gibt Gruppen, die Sepharadim aufnehmen; doch sollte man sich einmal hinterher deren Status anschauen, der da auf niedrig weist. Aber es geht nicht um Status, sondern um Mentalitätsunterschiede.

Eine sephardische Anpassungsgeschichte bleibt mir anscheinend erspart, aber bei den Aschkenazim stelle ich mir ähnliche Fragen. Sagen wir, ich benehme mich einigermassen und heirate jemanden Chassidisches. Welche Gruppe solle es dann sein ? Und, soll es überhaupt eine Gruppe sein ? Aber chassidisch ohne Gruppenzugehörigkeit ist unrealistisch, außer man stürzt sich in das Neo - Zeug des Rabbi Shlomo Carlebach. Und von dessen Anhänger halte ich mich so fern es eben nur geht. In diesem Punkt stimme sich sogar mit Mea Shearim überein.

Vor einigen Jahren, zum Beispiel, plante ich meine Mitgliedschaft bei Satmar. Aus vielerlei Gründen kam es nicht dazu. Damals war ich noch etwas jünger und wer jung ist, der lernt schneller eine neue Lebenssituation zu akzeptieren. Sprich, sich an die strikten Regeln so mancher chassidischer Gruppe zu halten. Und Satmar hat da besonders strenge Regeln wie, dass der Rebbe alles entscheidet. Und wenn ich sage "alles", dann meine ich alles. Es ist nicht so, dass er sich einmischt, doch geht man gewöhnlich zu ihm und fragt, ob dieses oder jenes so gemacht werden darf.

Während meiner chassidischen Jahre haben ich unzählige Gruppenmitglieder kennen gelernt und auch die damit verbundenen Mentalitäten und Bräuche. Präzise sagen, wo ich hingehöre, kann ich nicht. Ich denke kaum, dass wenn ich jetzt zwecks Hochzeit zu Vishnitz gehen täte, ich da so glücklich wäre. Bei Belz ginge es mir da besser. Bei Belz ist man freier und kann sich auch einmal ungesehen entfernen. Zumindest - fast ungesehen.

Oder besser sollte ich bis auf weiteres erst einmal ohne Gruppe bleiben, um meine Freiheit zu geniessen ?
Ich denke, dass diese Zugehörigkeitsfragen wichtig sind. Jedenfalls für mich, denn was bringt es mir, jemanden zu heiraten, dessen Bräuche und Rebbe ich nicht akzeptiere. Ob man dies wirklich alles schon im Vorfeld klären kann ?

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