B"H
Viele religiöse Bräuche halten wir ein, ohne uns groß darüber im Klaren zu sein, dass es sich überhaupt um einen Brauch handelt oder woher genau dieser Brauch stammt.
Eine Leserin fragte mich nach der Herkunft des folgenden Brauches:
Während einer jüdischen Hochzeitszeremonie unter der Chuppah (Hochzeitsbaldachin) umkreist die Braut den Bräutigam.
Warum tut sie das und woher stammt der Brauch ?
Anfangs meint man, dass die Frage recht einfach zu beantworten sei. Obwohl ich mir zu diesem Thema nie tiefere Gedanken gemacht habe, war ich mir sicher, leicht an Informationen zu kommen. Dem war dann nicht so und es kostete mich einiges an Zeit. Ein Rabbiner gab mir einiges an Material, was ich am Ende nicht genau benutzen konnte, denn sämtliche Rituale unter der Chuppah wurden angesprochen, nur nicht die Umrundungen der Braut.
So befragte ich Chabad in New York und ich bekam folgende Antwort zugesandt:
Zuerst einmal sind die Umrundungen der Braut unter der Chuppah ausschließlich ein aschkenazischer Brauch. Von sephardischen Juden wird er nicht praktiziert !
Braut und Bräutigam werden gewöhnlich von ihren Eltern zur Chuppah begleitet. In chassidischen Gemeinden wird der Bräutigam von seinem Vater sowie seinem Schwiegervater zu Chuppah gebracht. Die Braut wird von ihrer Mutter sowie ihrer Schwiegermutter unter die Chuppah begleitet. Der Bräutigam tritt zuerst unter die Chuppah.
Nachdem beide Parteien unter der Chuppah angekommen sind, umkreist die Braut den Bräutigam siebenmal. Dieses Ritual geschieht in den meisten aschkenazischen Gemeinden, doch nicht in allen.
Die Braut umzirkelt den Bräutigam im Uhrzeigersinn. Manche tun dies dreimal andere wiederum siebenmal. In einigen Gemeinden umkreist die Braut den Bräutigam allein, in anderen Gemeinden wird sie von ihrer Mutter und der Schwiegermutter begleitet. Während die Braut diesen Brauch ausführt, singt der Kantor gewöhnlich "Mi Ban Siach". In der chassidischen Gruppe Chabad wird dieses Lied nicht gesungen und stattdessen ertönt eine Melodie des Gruppengründers, Rabbi Schneur Zalman von Liadi.
Siehe hier die Umkreisungen der Braut
Das Umrunden des Bräutigams basiert auf einer Prophezeihung (Yirmeyahu - Jeremia 31:21) bezüglich des messianischen Zeitalters. "Die Frau umkreist und beschützt den Mann". Mit den Umkreisungen baut die Frau eine unsichtbare Mauer um ihren Gatten herum. Sie allein wird in diesen Kreis um ihn hineintreten, heißt, mit ihm zusammen einen Bund schließen.
Die drei Umkreisungen des Bräutigams symbolisieren die drei Aussagen (siehe Hoshea 2:21 - 22) zum Bund zwischen G - tt und Israel (den Juden): "Ich werde Dir auf ewig anvertraut sein. Ich werde dich mit Gnade, Gesetz, Liebe und Gerechtigkeit ehelichen. Ich werde dich mit Vertrauen aufnehmen".
In vielen Gemeinden stellen die Umkreisungen von der Braut eine kabbalistische Bedeutung dar. Siebenmal umrundeten Joshua und die Israeliten die Mauern Jerichos, bis die gewaltigen Mauern einstürzten. Die Braut umkreist den Bräutigam siebenmal, damit auch damit sämtliche störenden Mauern im Verhältnis der Zwei auf ewig verschwinden.
Ebenso erinnern die sieben Umkreisungen an die sieben Chuppot, welche G - tt zu Ehren der Hochzeit von Adam und Eva (Chava) im Paradies (Gan Eden) errichtete. Bitte diese letzte Aussage als metaphorisch betrachten und keineswegs wörtliche nehmen !
Das Umrunden des Bräutigams im Uhrzeigersinn bedeutet, das die Braut einen Kreis nach rechts zieht. In der Kabbalah steht die "rechte Seite" für G - ttes Güte.
Bedeutung:
Die Braut umkreist ihren Zukünftigen und steigt damit, symbolisch betrachtet, höher auf. Solange, bis sie zur Krone auf dem Kopf des Bräutigams wird (Metapher !).
Unser Leben ist nichts weiter als ein Spiegel zur spirituellen Welt. Unsere materielle Welt ist somit nur ein Spiegelbild der spirituellen Welt.
Metaphorisch betrachtet steht die Hochzeit auf Erden für die Hochzeit zwischen G - tt und dem jüdischen Volke. Der Bräutigam steht symbolisch für G - tt, die Braut für das jüdische Volk und die Chuppah für den Berg Sinai. Deswegen tritt der Bräutigam zuerst unter die Chuppah, denn G - tt wartet auf seine Braut, die Juden.
Weiterhin steht das Umkreisen für das Licht G - ttes, welches jedes Ehepaar umgibt. Die Zahl 7 steht im Judentum immer für etwas Ganzes oder perfekt Vollkommenes. Vom Materiellen ins Spirituelle wie die sechs Tage der Welterschaffung und der Ruhepause G - ttes am siebten Tage. Sowie der Schabbat die Krönung einer Woche ist, so wird die Braut zur Krone des Bräutigams.
Dienstag, September 15, 2009
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Vielleicht als kleine Ergänzung: Unter jekkischen, also deutschen Juden, ist dieser Brauch ebenfalls nicht üblich. Dafür gibt es alle möglichen anderen Besonderheiten...
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenSchade, das waere doch endlich einmal etwas spirituell.:-)))
Auf chassidischen Hochzeiten sah ich es schon oefters, dass das Gesicht der Braut dermassen verdeckt war, dass sie von Mutter und Schwiegermutter im wahrsten Sinne des Wortes um den Braeutigam herumgeschleift werden musste.:-)
Da man sich in Deutschland nicht mehr (ich wüsste nicht wo) an den jeckischen Minhag hält, wird auch das hier so gemacht, so wie du beschrieben hast.
AntwortenLöschen