Mittwoch, September 23, 2009

"KOL NIDRE" - Das missverstandene jüdische Gebet




B"H


Kurz nach Beginn des höchsten jüdischen Feiertages Yom Kippur (Beginn am kommenden Sonntag  abend) wird weltweit in den Synagogen das "KOL NIDRE" gesprochen. Bei dem Kol Nidre handelt es sich um kein Gebet, sondern ein Zitat mit einer jahrhunderte alten herzzerreißenden Melodie. In der Regel wird es vor dem Sonnenuntergang und somit vor dem Abendgebet Maariv gesagt.


Der "Kol Nidre Service" leitet den langen Yom Kippur G – ttesdienst ein und ist einer der Höhepunkte an diesem Feiertag. Der Thoraschrein (Aron HaKodesh) wird geöffnet und drei Thorarollen werden herausgenommen und auf die Bimah, den Tisch vor dem Thoraschrein, gelegt. Der sogenannte "Schaliach Zibur" nimmt eine der Rollen in seinen Arm und die zwei weiteren Rollen bekommt je ein geachtetes Gemeindemitglied. Es ist Brauch, dass die Männer einen Tallit (Gebetsmantel) bei dieser Zeremonie tragen. Der Schaliach Zibur ist in der heutigen Zeit meistens ein Rabbiner dessen Aufgabe darin besteht, das Kol Nidre vor dem offenen Thoraschrein dreimal vorzutragen.


Die Geschichte des Kol Nidre ist bis hin in die "Responsa der Geonim" (ca. 800 – 1000 nach Beginn der Zeitrechnung) zurückzuverfolgen. Der Inhalt des Kol Nidre besteht aus einer Annullierung von Schwüren und Versprechen, welche man im folgenden Jahr (bis zum nächsten Neujahrsfest Rosh HaShana) eingehen könnte.


Der berühmte Jerusalemer Chabad – Rabbiner, Rabbi Adin Steinsaltz, schreibt dazu in seinem Buch "A Guide to Jewish Prayer", dass diese Zeremonie eine emotionale Befreiung für einen jeden Anwesenden darstellt. Das Kol Nidre hat eine tiefe emotionale Bedeutung anhanddessen wir unsere Seele auf einen höheren Level bewegen und einen inneren Frieden für den Yom Kippur selbst herstellen.


Bei meinen Recherchen zu dem Thema mußte ich einmal wieder umso mehr feststellen, dass es schon zu frühester Zeit christlichen Widerstand gegen das Kol Nidre gab. Nicht zum ersten Mal hatte man ein jüdisches Ritual völlig missinterpretiert. Übrigens sind auch heute noch diverse christliche Hetzsites im Internet zu lesen, auf denen es heißt, dass Christen die besseren Geschäftspartner und überhaupt verläßlicher seien. Schließlich würden die Juden nur oberflächlich Versprechungen eingehen und wären danach in keinster Weise verpflichtet, diese einzuhalten, denn sie hätten ja das Kol Nidre. Mit diesen Worten begann schon der Haß im Mittelalter und hat sich bis heute aufrechterhalten.


Warum sagen wir das Kol Nidre ?
Besonders verärgerte Menschen sagen oft Dinge, die sie hinterher bereuen oder sie nach dem Zornesausbruch sofort vergessen. G – tt allerdings vergißt keine solcher Schwüre, auch wenn sie einem bloß unabsichtlich über die Lippen kamen (Beispiel: "Wenn Du nicht das und das machst, dann rede ich nicht mehr mit Dir).
Aus dem Grund annullieren wir von vornherein all unsere fälschlich ausgesprochenen Versprechungen und G – tt kann in einem Urteilsfalle nichts gegen uns verwenden. Mit Geschäftsgebaren etc. hat das Kol Nidre nichts zu tun.


Das Kol Nidre ist kein Einzelfall, denn ebenso kam es im Mittelalter von christlicher Seite aus schon zur Hetze gegen das jüdische "Aleinu – Gebet".




Avraham Fried singt KOL NIDRE.



2 Kommentare:

  1. Anonym10:40 AM

    Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Hass und Hetze gegen die jüdische Religion heutzutage nicht ausschließlich von christlichen Fundis ausgehen, sondern vielfach auch von radikalen Atheisten, die sich selbst für ach so "aufgeklärt" halten. Ich selbst kenne beispielsweise unzählige "linke", pseudo-"liberale" Religionsgegner, welche immer noch glauben, "Auge um Auge" sei ein Aufruf zur "Rache".

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  2. B"H

    Das ist durchaus richtig.
    Mit Atheisten, ausser einigen jued., bin ich in Israel noch nicht besonders konfrontiert worden. Dafuer mit fanatischen Christen.

    Im Ausland wird es sicher so sein, dass linke und anderweitige Religionsgegner relig. Konzepte / Zitate nehmen und sie zu ihren Gunsten umdrehen.

    Schau nur einmal auf die dt. Medienlandschaft, die da stets israel. Militaereinsaetze mit "Auge um Auge" tituliert.

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